Gedichte

Wunder

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Man sagte uns, so ist die Welt,
ein endlos ödes Weitergehen.
Mechanisch ward sie vorgestellt.
Man lehrte uns Gesetze sehen.

Gesetze sieht man seitdem nur,
kein Wirken hehrer Weltenlenker. 
Das Funktionieren der Natur
erklären uns Verstandesdenker.

Und gab’s mal Gott, Er ist jetzt weg,
das Weltall ohne Sinn und Liebe.
Was ist, erfüllt nur seinen Zweck,
ist Rädchen bloß im Weltgetriebe.

Ob reich, ob arm, gesund, erkrankt,
es sind nur stets Gesetzes Werke.
Und wer um seine Freiheit bangt,
der träumt naiv von Geistesstärke.

Es heißt, wer sich vergisst, versteht,
man soll sich selbst objektivieren.
Und wie Entwicklung weitergeht,
das kann man dann auch kalkulieren.

Gewiss, dem Aufstieg folgt der Fall
und was man sät, das wird man ernten.
Erscheint ein Blitz, es folgt der Schall –
Gesetze, die wir alle lernten.

Doch meinst du nun, er sei kausal,
der Lauf der Dinge hier auf Erden,
dein Glaube ist doch irreal,
denn jeder Tag lässt Neues werden.

Der Geist ist frei und unbeschränkt,
von Zeit und Raum nicht angekettet.
Erkenn‘, dass er dich weise lenkt,
ins Leben stets hinüberrettet.

Erwarte, was die Welt nicht glaubt,
weil‘s kein Gesetz vorausgesehen!
Erwarte, was die Zeit nicht raubt,
erlaub‘, dass Wunder dir geschehen!

In Demut sei empfangsbereit!
Lass Sehnsucht dir das Herz entfachen!
Das Wunder kommt zu seiner Zeit;
verrückt, wer meint, er könnt‘ es machen.

Dein Traum ist nicht von dir gemacht.
Doch welch ein Wunder liegt ihm inne,
ein Bild im Schlaf, vom Geist erdacht,
erscheint im Schweigen deiner Sinne.

So schweig‘ auch du und frage nicht,
wie soll das Neue funktionieren!
Indem es mit dem Alten bricht,
wird dir das Wunder sich kreieren.

Und lässt du Unterbrechung zu,
kommst ab von altgewohnten Wegen,
erkennst du einsichtsvoll im Nu:
Das Wunder lässt sich nicht belegen.

Von jenseits kommt’s, nimmt seinen Lauf,
Es wäre keins, wenn wir’s verstünden.
Die Gnade hebt‘s Gesetz doch auf,
drum kannst du Liebe nicht begründen.

Die Liebe kommt umsonst zu dir,
Du musst und kannst sie nicht erwerben.
Verlangst du Planbarkeit von ihr,
dein Plan wird’s Neue bloß verderben.

Indes, das Eine sehe klar:
Der Welt des Scheins gefällt Spektakel.
So kommt das Wunder unscheinbar
und nicht als glänzendes Mirakel.

Und da sich’s nicht beweisen lässt,
verkennst du leicht, was du erfahren.
Im Glauben stehe deshalb fest,
und lern, des Geistes Werk gewahren.

Beachte aufmerksam und still
Gedanken, plötzlich dir erklungen.
Erlausche, was die Seele will!
Von ihr wird’s Neue schon besungen.

Entscheide, wem Gehör du schenkst,
zum Alten lass dich nicht verführen!
Gibt acht, bemerke, was du denkst
und such‘ es mutig nachzuspüren!

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